Zwei Jungs im Sommer by Jay Bell

Zwei Jungs im Sommer by Jay Bell

Autor:Jay Bell
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Jungs, Boys, schwul, gay, Freundschaft
Herausgeber: Bruno Gmünder
veröffentlicht: 2014-08-11T00:00:00+00:00


Zweiter Teil:

Chicago, 1999

Kapitel 16

Schnee. Eiskalter, in den Augen beißender, die Finger betäubender Schnee. Hatte er sich in Texas tatsächlich jemals solch ein Wetter gewünscht? Die unteren zehn Zentimeter von Bens Jeanshose waren triefend nass, als er durch die verfluchte Masse stapfte. Das Fernsehen hatte ihm ein falsches Bild von Schnee vermittelt. Keine Frage, es sah wunderschön aus, wenn der erste Schnee fiel, wenn die weiße Decke, die sich über alles legte, Weihnachtsstimmung aufkommen ließ, aber das war ja nur der Anfang. Das erste Verliebtsein. Doch es dauerte nicht lange, und Chicagos berüchtigter Straßenverkehr hatte alles in hässlichen, grauen Matsch verwandelt.

Das warme Licht aus dem Fenster eines Cafés lockte, versprach Wärme und Trockenheit. An Kaffee hatte Ben nie Gefallen gefunden, aber sicherlich würde es dort etwas anderes geben, was er trinken konnte. Eine von diesen verrückten Limos aus Italien, die es in verschiedenen Geschmacksrichtungen gab, oder vielleicht eine heiße Schokolade. Er blieb einen Moment lang auf dem Bürgersteig stehen, zwang sich dann aber doch, den Heimweg fortzusetzen. Er hatte eine Verabredung mit Mason.

Natürlich war es Masons Schuld, dass er zu spät dran war. Er hatte den ganzen Tag mit Weihnachtseinkäufen auf den letzten Drücker und mit sehr bescheidenen Mitteln verbracht. Dass er sich überhaupt Sorgen machte, weil er sich verspäten würde, war albern. Mason selbst war chronisch unpünktlich, kam oft erst mehr als eine Stunde nach der verabredeten Zeit. Das hatte Ben auch dazu inspiriert, die Taschenuhr zu kaufen. Seine Mutter war mit diesem Plan vor drei Jahren gescheitert, aber Ben hatte die Idee charmant gefunden. Die Uhr war aus Sterlingsilber, entsprach seinem eigenen Geschmack, und er hatte sie nicht gravieren lassen. Auch wenn Weihnachten vor der Tür stand, hatte Ben so eine Ahnung, dass er und Mason es als Paar nicht weit bringen würden.

In den zwanzig Tagen, die sie jetzt zusammen waren, hatte Mason bereits zweimal den Job gewechselt. Als sie sich kennenlernten, war er ein Barkeeper im Mertyl’s, einer abgelegenen Lesbenbar, gewesen. Ben hatte sich sofort in seinen Bad-Boy-Charme verknallt. Die bunten Haare, die Piercings und die schlecht gemachten Tätowierungen waren der komplette Gegensatz zu den adretten, hübschen Jungs und den Künstlertypen am Campus. Die meisten Studenten hatten zwar zumindest eines dieser rebellischen Statussymbole, aber Masons Trash-Appeal war authentisch.

Den Job in der Bar verlor er abrupt; es gab Gerüchte über Geld, das aus der Kasse verschwunden sei. Als Nächstes hatte er einen Job als Bauarbeiter. Dafür war sein sehnig-muskulöser Körper zwar bestens geeignet, aber auch dort blieb er nur zwei Tage. Ben war sich nicht ganz sicher, was vorgefallen war, vielleicht hatte ein ausuferndes Sauf- und Drogengelage dazu geführt, dass man ihm wieder gekündigt hatte. Jetzt arbeitete Mason als Verkäufer in einem Plattenladen. Zumindest hatte er das vor ein paar Tagen noch getan, als Ben ihn das letzte Mal gesehen hatte.

Mit einem Dankgebet an irgendeinen Gott, der ihm vielleicht zuhörte, flüchtete sich Ben in das kleine bisschen Wärme, das seine Wohnanlage zu bieten vermochte. Wohnung war eine lächerliche Bezeichnung für diese winzigen Wohneinheiten. Das Ganze war ein schlechteres Studentenwohnheim, und dieser Ausbeuter von einem Vermieter wusste das auch.



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